Think positive – Erfolg beginnt im Kopf

Habt ihr euch einmal gefragt, warum Kinder so gut mit Pferden klar kommen? Ihnen fällt alles so viel leichter. Es scheint, als würden Sie sich instinktiv verstehen, ohne viele Worte. Erklärung suchen wir dann meist im “Pferdesinn” oder im sogenannten “Pferdegen”. Wir meinen damit eine Art angeborenes Gespür für den richtigen Umgang mit dem Pferd. Ich will nicht bestreiten, dass es so etwas gibt. Auch nicht, dass einige Menschen von Natur aus besser mit Pferden klar kommen, als andere. Was ich in diesem Artikel erläutern möchte, ist dass ich der festen Überzeugung bin (und damit berichte ich nicht nur aus eigener Erfahrung), dass jeder in der Lage ist, eine erfolgreiche und innige Beziehung zu Pferden aufzubauen. Die Basis dafür liegt meiner Meinung nach fern ab von jeglichem Unterricht oder Reitweise. Sie beginnt bei uns selbst.

Die Rede ist von mentaler Stärke – die Kraft der eigenen Gedanken. Sie hat einen gewaltigen Einfluss auf unsere Biochemie – denn mittels unsere Gedanken steuert das Gehirn unbewusst hormonelle Vorgänge, die wiederum Einfluss auf unser Gesamtbefinden und unsere Körpersprache haben. Fühlen wir uns gut, so lächeln wir automatisch mehr, als wenn uns etwas buchstäblich Bauchschmerzen bereitet. Haben wir Angst, meldet unsere Hirnregion mit dem Namen Amygdala ein Stresssignal. Unbewusst bereitet sich unser Körper auf eine Gefahrensituation vor. Eine Kaskade an Hormonen werden in Gang gesetzt, welche den Herzschlag erhöhen und damit den Blutdruck und die Atemfrequenz steigern. Doch das ist noch nicht alles – die Auswirkungen betreffen auch unsere Körpersprache – die Körperspannung geht verloren, wir werden schlacksig und neigen zu Übersprunghandlungen. Wir wir bereits wissen spielt die eigene Körpersprache eine sehr wichtige Rolle im Umgang mit Pferden. Als Herdenchef, dem das Pferd zu jeder Zeit vertrauen soll, machen wir so ganz ohne Körperspannung keine gute Figur. Da hilft es auch nicht, sich künstlich zu verkrampfen. Die Lösung liegt im Ursprung. Nämlich da, wo die Angst entsteht, in unserem Kopf.

Doch negative Gedanken zu überwinden, ist nicht für jeden so einfach, wie es klingen mag. Mentale Stärke ist eine Fähigkeit, die man ebenso erlernen muss, wie das Reiten selbst. Doch hat man sie erstmal drauf, so wird Vieles im täglichen Umgang mit unserem Vierbeiner viel einfacher. Wir schaffen es die Ruhe zu bewahren, nicht überzureagieren, in panischen Situationen uns schneller wieder zu fangen. Doch wie geht das nun? Im Alltag sind wir es gewohnt unaufhörlich zu denken. Unsere Gedanken strömen nahezu unaufhörlich durch unseren Kopf. Das Gespräch mit der Kollegin, die Einkaufsliste, die To-Do Liste, der Trainingsplan… was auch immer uns durch den Kopf gleitet – das müssen wir zunächst erstmal los werden. Stellt euch einen Timer auf 60 Sekunden und versucht in dieser Zeit nicht zu denken. Erlebt die vollkommene Stille in eurem Kopf – für 60 Sekunden. Klingt einfach, doch die Meisten werden bereits hier scheitern. Denn ohne dass man es will, kreisen die Gedanken um die Uhr, um die Zeit die noch verbleibt, um den Raum, die Luft, der Geruch usw. Unser Kopf will sein gewohntes Muster nicht so einfach verlassen. Das erfordert Übung – doch die lohnt sich.

Haben wir erst einmal Platz in unserem Kopf geschaffen und können ohne Probleme 5 – 10 Minuten ohne einen einzigen Gedanken verwahren, so sind wir schon in einer leichten Meditationsstufe angekommen. Es kehrt im wahrsten Sinne des Wortes Ruhe ein in unseren Körper. Der Herzschlag verlangsamt sich, die Atmung wird tief und ruhig. Wir entspannen uns. Jetzt können wir einen Schritt weiter gehen und in diese innere Leere Bilder platzieren. Keine Erinnerungen, die würden unweigerlich zum Grübeln führen – einfach nur bestimmte Bilder. Eine blühende Blumenwiese im Sonnenschein – die rauschende Wellen am Strand. Bilder die uns ein positives Gefühl verschaffen. Dieses Positive Gefühl versuchen wir so lange wie möglich zu halten. Wer sich an dieser Stelle noch tiefer mit der Materie vertraut machen möchte, der begebe sich auf die Spuren des autogenen Trainings. Die leichten Meditationsübungen können beim einschlafen helfen, Stress minimieren und sogar Schmerzen lindern. Aber wir benötigen erstmal nur die Kontrolle über unsere Gedanken.

Tritt nun eine unangenehme Situation auf – das Pferd benimmt sich daneben, erschrickt häufig, tänzelt rum – oder was auch immer euch unter Stress setzt, Angst oder Wut auslöst – leert genau in diesem Moment für minimal 10 sek euren Kopf. Das heißt nicht, dass euer Körper in dieser Zeit abschaltet – natürlich tut ihr was notwendig ist, haltet das Pferd fest, bindet es an oder was auch immer – Safety first – aber kontrolliert dabei eure Gedanken. Löscht alles negative raus. Egal was euch in den Sinn kommt… Der spinnt wieder, der will mich nur verarschen, mein Reitlehrer meinte ich muss mich mehr durchsetzen… Aller raus. Leert den Kopf vollkommen und setzt das positive Bild ein. Dann legt ihr eine kurze Pause ein und macht weiter. Aber diesmal stellt ihr euch nicht vor, was das Pferd nicht tun soll – sondern denkt daran, wie ihr es euch wünschen würdet. Denkt dabei immer positiv. Und ihr werdet eine starke Veränderung feststellen. Einmal merkt ihr, dass ihr euch nicht mehr aufregt – was schon mal eine tolle Grundlage ist. Ihr schafft es, euch wesentlich schneller zu beruhigen, schneller die Kontrolle über euren Körper zurück zu gewinnen und die Körperspannung zu erhalten und damit eurer Rolle als vertrauensvollen Herdenchef gerecht zu werden. Und es geht noch weiter, durch eure positiven Gedanken nehmt ihr direkt Einfluss auf euer Pferd. Ich will jetzt nicht behaupten, dass die Gedanken übertragen werden – das wäre zu weit hergeholt – aber dennoch werdet ihr feststellen, dass auch euer Pferd lernt ruhiger zu werden – es wird sich schneller entspannen, weil es euch nun vertrauen kann und es keine Angst haben muss, vor unberechenbaren Reaktionen, die ihr in Wut oder Stressmomenten zeigt.

Das klingt gut? Aber das kostet Zeit und Übung. Wie gesagt alles beginnt mit der Kontrolle eurer Gedanken. Baut diese Übung in euren Alltag ein und trainiert regelmäßig. Steigert euch in der Intensität der Übung und ihr werdet rasch Erfolge verzeichnen. Dann übertragt das Gelernte auf den Umgang mit euren Pferd – Think always positive – und alles ist möglich!

Gebisslos Reiten in Anlehnung…

Ich möchte mich heute einem sehr umstrittenen Thema widmen, das mir besonders am Herzen liegt – das Erarbeiten einer konstanten Anlehnung mit gebisslosem Zaum.

Kurz vorab, auch wenn es an manchem Stellen im Artikel wie ein Angriff auf die Reiter mit Gebiss klingt, so ist es nicht gemeint. Dieser Artikel plädiert ganz klar für die gebisslose Reiterei, allerdings nur wenn diese auch richtig und mit genügend Hintergrundwissen ausgeübt wird. Dennoch sollte niemand verteufelt werden, der mit einem Gebiss reitet. Nicht ohne Grund hat sich dieses Hilfsmittel über Jahrhunderte gehalten. Das Sprichwort – Jede Zäumung ist nur so scharf wie die Hand, die sie führt – passt an dieser Stelle sehr gut. Egal wie man sich entscheidet, den Weg, den man mit dem Pferd einschlägt sollte man immer gut überdenken und vor allem sollte man sich immer so fair dem Pferd gegenüber verhalten, dass man selbst mit gutem Gewissen wieder absteigen kann. Zudem sollten gerade gebisslose Zäumungen mit einer starken Hebelwirkung nicht unterschätzt oder leichtfertig eingesetzt werden. Dennoch hoffe ich, dass ich mit diesem Artikel dem ein oder anderen die gebisslose Reiterei näher bringen kann. Ein sehr gutes Video zum Thema findet ihr hier: Link

Ich argumentiere in diesem Artikel gegen Vorurteile, die besagen, dass eine feine “Anlehnung” nur in Verbindung mit einem Gebiss möglich wäre. Die Argumentation ist komplett Reitweisenunabhängig – denn eine korrekte Anlehnung stellt für mich die Basis jeglicher Reiterei da und eine wichtige Voraussetzung für die spätere Versammlung, die wiederum fundamental für das Tragen des Reitergewichtes ist. Als Definition für den Begriff Anlehnung empfinde ich die gängige der FN auch auf die gebisslose Reiterei übertragbar:

“Unter Anlehnung versteht man im Allgemeinen “eine stets gleichmäßige, elastische und gefühlvolle Verbindung zwischen der Hand des Reiters und dem Pferdemaul” (vgl. FN).

Diese stets gleichmäßige, elastische und gefühlvolle Verbindung ist bei einer geeigneten gebisslosen Zäumung ebenfalls möglich. Natürlich besteht die Verbindung nicht zum Pferdemaul, sondern zum Nasenrücken. Diese Körperpartie ist trotz den harten Knochens ebenfalls sensibel und empfindlich genug, um feine Signale zu verstehen.

Der Bereich, auf den wir durch die gebisslose Zäumung einwirken, weist einige Besonderheiten auf:

Pferdeschädel Blanko

  1. Der vordere Bereich des Nasenrückens ist besonders empfindlich. Der dünne Knochen, der die Nasenhöhle schützt kann bei zu starken Druck brechen. Dieser Bereich ist nicht für dauerhafte Belastungen ausgelegt und darf deshalb nicht durch den Nasenriemen belegt werden.
  2. Ebenso empfindlich sind die Nervenausgänge. Sie sollen auch frei von dauerhaftem Druck gehalten werden. Bereits leichte Einwirkung in diesem Bereich erzeugt Schmerzen.
  3. Das Jochbein sollte ebenfalls frei liegen, denn die dünne Hautschicht auf dem blanken Knochen, hält keinem dauerhaften Druck – sei er noch so leicht und sensibel – stand.

Schädel Pferd Lage des Zaums

  1. Diese falsche Position des Nasenriemens kommt häufig durch ein abknicken zustande. Der Riemen hat keine Stabilität. Der vordere Bereich knickt in Richtung empfindlicher Nasenpartie ab. Die Zugbelastung in diesem Bereich kann zu fatalen Schäden und Schmerzen führen. Leider ist das häufig der Fall bei selbstgeflochtenen Sidepulls, aber auch bei falsch verschnallten Glücksrädern oder anderen Zäumungen, die wie ein Sidepull wirken sollen, aber durch einen Ring durchbrochen sind. Western Sidepulls haben deshalb häufig ein Y-Backstück, das ein abknicken verhindert.
  2. Der Riemen knickt nicht ab, ist aber schlicht weg an der falschen Postion verschnallt.
  3. Die optimale Postion des Nasenriemens. Weder die empfindliche Nase, noch die Nervenausgänge sind gefährdet.
  4. Hier verläuft der Riemen über die empfindlichen Nervenausgänge. Es kommt zu einem dauerhaften Schmerz, selbst ohne Zügeleinwirkung. Eine konstanten Anlehnung würde an dieser Postion für unvorstellbare Schmerzen sorgen.

Die Faustregel für einen korrekt verschnallten Nasenriemen:

2 Finger breit unter dem Jochbein und 2 Finger Luft lassen - so sitzt der Riemen richtig!

2 Finger breit unter dem Jochbein und 2 Finger Luft lassen – so sitzt der Riemen richtig!

Was ist eine geeignete Zäumung für die konstante Anlehnung?

1) Hebelwirkung:

Wozu brauch man einfach gesagt einen Hebel? Man benutzt den Hebel um aus wenig Kraft viel Kraft zu generieren. Wenn man beispielsweise einen viel zu schweren Stein bewegen möchte, kann ein Hebel helfen. Warum benutzt man einen Hebel beim Pferd? Bei der klassischen Kandare war der eigentliche Hintergrund, dass der Reiter durch den Hebel einhändig reiten kann. Er kann durch die Kraftverstärkung quasi die gleichen Kräfte aufbringen, wie zweihändig. In der höheren Dressurausbildung geht es hierbei auch um die Versammlung und Beizäumung. Sie erfordert eine Kandarenreife des Reiters:

Der Reiter muss das Pferd mit verschränkten Armen in allen Gangarten reiten können und das ohne Halsring, Stick oder andere Hilfsmittel – allein mit seinem Sitz. Er muss Durchparieren und einen 6m Slalom im Trab reiten können. Erst dann ist er in der Lage ein Pferd einhändig zu stellen und zu biegen. Ist diese Voraussetzung gegeben, stellt die Kandare ein sinnvolles Hilfsmittel dar, um dem Pferd zu mehr Balance für die höhreren Lektionen zu verhelfen. Es spürt ein Ungleichgewicht auf den Laden, wenn es schief wird. Es kommt zu keiner einseitigen Einwirkung, da die Kandare steif im Maul liegt – deshalb wird mit Kandare auch einhändig geritten.

Bei der Gebisslosen Reiterei wirkt der Hebel lediglich als kraftverstärkendes Werkzeug. Manch ein Reiter wünscht sich etwas mehr Einwirkung bei seinem Pferd – gerade für das Reiten im Gelände. Die Angst vor Kontrollverlust steht hierbei wohl im Vordergrund. Doch was passiert wenn ich nun einen mechanischen Hebel bei einem Pferd einsetze, dass in Panik geraten ist? Ich füge ihm dadurch erhebliche Schmerzen auf dem Nasenbein zu. Im ganz schlimmen Fall – bei falscher Verschnallung (siehe oben) – breche ich ihm damit sogar die Nase. Die Reaktionen können je nach Pferdetyp unterschiedlich ausfallen – während das eine Pferd eher resigniert, rennt das andere panisch und wild buckelt weiter. Doch beide Varianten erscheinen ethnisch betrachtet als falsch. Ist das Pferd nicht unser Freund? Wollen wir ihm in einem ungehorsamen Moment tatsächlich derartige Schmerzen zufügen – wenn es auch anders geht? Wer sein Pferd korrekt Gebisslos ausbildet, der brauch keinen Hebel. Vertrauen und eine fundamentale Ausbildung gepaart mit einer Notbremse (Not-Stopp aus dem Bereich des Westernreitens) bilden eine gute Grundlage für die gebisslose Reiterei ohne Hebelwirkung. Dabei wird das Pferd darauf konditioniert, dass bei einseitiger Zügelannahme und gleichzeitiger Nachgabe des anderen Zügels der Kopf rum kommt und das Pferd anhält. Im Grunde ist es nur natürlich, dass das Pferd anhält, wenn der Kopf rum gezogen wird. Man trainiert im Grunde vor allem, dass dies freiwillig und ohne großen Kraftaufwand passiert. Sollte doch mal eine Panik Situation im Gelände entstehen, bei der es dem Reiter nicht möglich ist, normal durchzuparieren, so kann das Kopf rumnehmen ein letzter Ausweg sein. Idealerweise bereit bevor das Pferd sich richtig fest im Hals macht. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass dieser Stopp in 99,9 % der Fälle funktioniert und zwar ohne Gebiss oder Hebel. Schlussendlich muss jeder selbst entscheiden, ob Kontrolle durch Kraft erwirken will oder lieber durch eine ehrliche und faire Ausbildung.

Auch das Glücksrad oder die Flowerhackamore (siehe weiter unten) stellen einen, wenn auch nur leichten, Hebel dar. Jetzt möchte ich allerdings hierzu etwas differenzieren. Ein erfahrener Reiter, der sein Pferd gebisslos bis in die hohe Schule der Dressur reiten möchte, braucht eine sehr gut nuancierte Einwirkung. Damit meine ich Abstufungen in der Kommunikation. Das Glücksrad dreht sich leicht im Uhrzeigersinn und variiert dadurch den Druck auf die Nase. Zudem entsteht auch ein leichter Zug auf die Nackenpartie. Insofern denke ich, dass dieser Zaum durchaus für die Dressurreiterei geeignet ist. Allerdings stehe ich der durchgängigen Anlehnung mit dem LG noch sehr skeptisch gegenüber. Denn trotz leichter, elastischer und gefühlvoller Verbindung, entsteht trotzdem ein feiner Dauerdruck auf die empfindliche Nackenpartie. Zudem passiert es leicht, dass die Wirkung des Hebels unterschätzt und dadurch der Zug auf die Nase zu stark wird. Deshalb gehört diese Zäumung nur in eine geübte Reiterhand, die wirklich gewissenhaft und mit viel Feingefühl den entstehenden Druck nuancieren kann.

2) Nackenriemen:

Wenn ein Nackenriemen notwendig ist, so sollte dieser dem Pferd möglichst angenehm, mit genügend Spiel für die Ohren, sein. Ein anatomisch geformter Riemen, der gut gepolstert und weich ist, sollte hierbei die erste Wahl sein. Das gilt nicht nur bei Trensen mit Gebiss, sondern auch bei dem idealen gebisslosen Zaum. Gute Beispiele sind bei Großkorth und Barefoot zu finden.

3) Ganaschen-Riemen:

Ein zusätzlicher Ganaschen-Riemen verhindert, dass sich das Kopfstück gefährlich dem Auge nähert. Je nach Material des Nasenriemens, kann dieser bei einseitigem Zug verrutschen. Das ist bei manchen Lektionen sogar gefordert. Deshalb ist es umso wichtiger, dass nicht das komplette Kopfstück mit rutscht.

4) Nasenriemen:

Der Nasenriemen sollte möglichst formstabil und aus einem Stück sein. Jegliche Unterbrechung des Riemens macht eine zu feste Verschnallung notwendig – damit ein Abknicken (siehe oben) verhindert wird. Die zu feste Verschnallung wiederrum schränkt das Pferd zu sehr ein, es kann nicht entspannt abkauen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass der Riemen trotz lockerer Verschnallung (2 Finger Luft lassen) fest an Ort uns Stelle sitzt. Zumindest, wenn es um das Reiten in Anlehnung geht.

seitliche Flexibilität ist okay - aber ein Abknicken des Riemens nach vorn, sollte nicht möglich sein

seitliche Flexibilität ist okay – aber ein Abknicken des Riemens nach vorn, sollte nicht möglich sein

Das Material ist abhängig von dem Ziel. Bei einer Impulsreitweise – ohne konstanten Druck – kann das Material auch etwas härter sein, wie bsp. Rohhaut. Bei einem konstanten Kontakt empfiehlt sich eher ein weiches Leder, das sich am Kopf anschmiegt und nicht unangenehm anfühlt. Der Riemen kann gepolstert sein, wichtig sind vor allem die abgerundeten Kanten. Alle Materialien die Scheuern können, wie Seil oder auch Flechtwaren oder manche Biothane Produkte sind ungeeignet für konstanten leichten Zügelkontakt.

Als gute gebisslose Zäumungen für das Reiten in konstanter Anlehnung eignen sich unter Beachtung der oben beschriebenen Kriterien vor allem Lindel-artige Sidepulls, bzw. hochwertige Sidepulls mit weichen Lederriemen.

Andere gebisslose Zäumungen und die Anlehnung:

Natural Hackamore / Knotenhalfter

Die Natural Hackamore besteht aus einem speziell geknoteten Knotenhalfter. Die Zügel bestehen meist aus einem Seil und werden unter dem Pferdekopf befestigt. Diese Zäumung ist an der schärfe ihrer Einwirkung nicht zu unterschätzen. Die Knoten werden wie bei allen Knotenhalftern bewusst auf die Nervenausgänge am Pferdkopf gelegt. Somit entsteht bei Druck automatisch auch ein starker Schmerz. Diese Zäumung ist eher für die Impulsreitweise und das Nackreining ausgelegt und nicht für eine dauerhafte Anlehnung geeignet

Klassische Hackamore / Bosal

Die klassische Hackamore, auch Bosal genannt besteht aus einem steifen Nasenband aus Rohhaut gefertigt und einem speziellen Genickstück. Die Zügel werden unter dem Kinn, die beiden Enden des Nasenbands zusammenkommen, zu einem Knoten zusammengebunden. Zusätzlich wird ein langes, Seil befestigt, das auch Mecate genannt wird. Dieses Seil fungiert als Führseil und ermöglicht das Pferd via Neck Reining zu steuern. Das Bosal wirkt diagonal, d.h. wenn der Zügel rechts angelegt wird, wirkt es auf der linken Seite. Das Pferd wird also über eine seitlich laterale Zügelführung gestellt. Mit dem Bosal ist keine konstante Anlehnung möglich. Das heißt aber nicht, dass man mit einem Bosal nicht fein und versammelt reiten kann. Durch Signale über das Mercate werden Impulse an Kinn und Nase abgegeben und dadurch rotieren die Nosebuttons. Diese Einwirkung soll ein Nachgeben im Nacken bewirken und schließlich zur Versammlung führen. Die Zügel dürfen nicht komplett durchhängen, weil das Bosal sonst beginnt unschön zu reiben, so entsteht im Grunde auch eine gewisse Anlehnung. Diese gebisslose Zäumung ist allerdings sehr anspruchsvoll und erfordert ein hohes Maß an Feingefühl und technisches Verständnis. Mehr dazu…

Meschanische Hackamore

Die mechanische Hackamore besteht aus zwei Metallhebeln, die über einen Lederriemen auf die Nase wirken. Die Länge der Anzüge bestimmt den Grad der Kraftverstärkung. Allerdings wirken bereits kurze Anzüge sehr intensiv. Die mechanische Hackamore wird nur einhändig geritten. Eine einseitige seitwärtsweisende Hilfe ist nicht möglich.

Mehr dazu weiter oben.

Bitless Bridle

Das Bitless Bridle hat zwei dünne Seile, die als doppelte Kehlriemen fungieren, die sich unter dem Kopf des Pferdes überkreuzen und dann durch Ringe an der Seite der Zäumung geführt werden. Die Zügel hängen dann an diesen Seilen. Durch die überkreuzte Verschnallung wirkt es diagonal, d.h. leichter Zug rechts, wirkt auf der linken Seite. Insgesamt wird Druck auf Kinn/Kiefer, Ganasche, Nasenrücken und Genick ausgeübt. Das Pferd soll lernen auf leichten Druck hin nachzugeben. So soll der Kopf gesenkt und durch seitlichen Druck auf die Ganaschen Stellung und Biegung erreicht werden. Dieser Druck erfolgt möglichst sanft durch leichte Impulse. Nicht alle Pferde und Reiter kommen sofort mit der überkreuzten Wirkung klar, sodass Hilfen manchmal zu verzögert oder gar schwammig ankommen. Durch die kreuzenden Seilstränge können mitunter Haut und Haare eingeklemmt werden, was sich nachteilig auswirkt.

Glücksrad / Flower Hackamore

Das Glücksrad (LG Zaum) wurde von ursprünglich von Monika Lehmenkühler entwickelt. Später folgten zahlreiche Nachahmungen mit einer ähnlichen Wirkungsweise wie beispielsweise die Flower Hackamore. Das Grundprinzip ist ein sich drehendes Speichenrad, das einen leichten Hebeleffekt erzeugt, durch welchen sich der Nasenriemen, das Kinnstück sowie das Genickstück verkürzen. Dadruch wird auf Nase, Kinn und Genick des Pferdes ein leichter Druck ausgeübt, der den Pferden wiederum präzise Zügelhilfe vermitteln soll. Diese Zäumung gehört nur in erfahrende Reiterhände (siehe weiter oben).

Wie funktioniert die Anlehnung?

Ein leichter, konstanter und vor allem elastischer Kontakt mit dem Pferd über den Nasenrücken, der mit der Bewegung des Pferdes geht. So entsteht eine sanfte Verbindung, die wiederum eine feine Kommunikation über leichte Paraden zulässt. Das Pferd kann und entspannt am Zügel stehen. Die gebisslose ist eine ehrliche Anlehnung ohne Schmerz oder Behinderung des Pferdes im Maul. Wer das nicht glaubt, kann gerne den Selbsttest machen:

1) übe mit deinem Finger leichten Druck auf deinen Nasenrücke aus und erhöhe Stück für Stück den Druck.

2) nun übe denselben Druck mit beiden Fingern auf deine Mundwinkel und Zunge aus.

Du wirst merken, dass die Mundpartie deutlich empfindlicher ist und bereits leichter Druck als unangenehm empfunden wird. Die Nase ist deutlich robuster und es bedarf mehr Kraftaufwand, um Schmerzen zu erzeugen. Was natürlich nicht heißt, dass es nicht geht. Deshalb erfordert auch das gebisslose Reiten eine ruhige und geübte Reiterhand und einen sehr guten und zügelunabhängigen Sitz. Zudem ist die korrekte Verschnallung und die Auswahl des geeigneten Zaumes eine wichtige Grundvoraussetzung.

Argumente gegen das gebisslose Reiten in Anlehnung:

1. Argument für ein Gebiss – Flexibilität im Unterkiefer:

“Um die Nachgiebigkeit im Unterkiefer zu erklären, benötige ich aber ein Gebiss. Deswegen gehen bei mir alle Pferde früher oder später mit Trense und bleiben nicht ewig gebisslos geritten. Das hat nichts mit Kontrolle zu tun, sondern mit der Flexibilität des Unterkiefers” Trainerin Anne Hartwig auf Ihrer Facebookpräsenz

Die Mobilisierung des Unterkiefers wird im Pferdetraining, als auch in physiotherapeutischer Behandlung zur Entspannung der Muskulatur eingesetzt. Beim Reiten soll ein entspannter Unterkiefer dazu beitragen, dass der komplette Nackenbereich entspannt nachgeben kann. In der Physio- und Osteotherapie gibt eine bestimmte Form der Kiefermassage, die eine komplette Entspannung hervorruft. Dabei wird sanfter Druck auf die Kieferlade und das Zungenbein ausgeübt. Das Gebiss soll nun einen ähnlichen Effekt bewirken. Allerdings bezweifle ich stark, dass ein Metallgebiss, selbst bei ruhiger und geübter Zügelführung einen Massageeffekt bewirkt. Vielmehr handelt es sich trotz allem um einen Fremdkörper, der zwar bei einem an das Gebiss gewöhnten Pferd, geduldet, aber sicher als entspannend und angenehm empfunden wird. Eine gebisslose Zäumung hat keine direkte Einwirkung auf den Unterkiefer, allerdings kann im Gesamtkonzept angenommen werden dass sie insgesamt angenehmer zu tragen ist. Bei sachgemäßer Anwendung und korrekter Ausbildung des Pferdes ist das Ziel, dass es freiwillig nachgibt und entspannt abkaut, weil es zufrieden ist und sich wohlfühlt. Ein “erzwingen” des Nachgebens im Nacken ist nahezu unmöglich. Wer schon einmal ein gut gebisslos gerittenes Pferd gesehen hat, der hat sicher auch bemerkt, dass dieses trotz des fehlenden Gebisses entspannt kaut. Der große Unterschied besteht darin, dass beim Gebisslosen kein Fremdkörper im Maul das Kauen animiert, es muss also durch eine ehrliche und tatsächliche Entspannung entstehen.
Bei falscher Anwendung des Gebisses, d.h. zu starke Einwirkung, wird das komplette Gegenteil erreicht:
Durch starken Zug in den Maulwinkeln des Pferdes entsteht mitunter eine übermäßige Beugung in den Kopfgelenken (vgl. Richter, 2013, – Manuelle Therapie der Pferdewirbelsäule, S.52). Dabei knicken Atlas und Axis extrem ab und die dünnen Nackenmuskeln stehen unter Dauerspannung (vgl. ebd.). Verspannungen und starke Schmerzen sind die Folge.

2. Argument für ein Gebiss – der Weg nach unten V/A:

Vom V/A zur Versammlung

Vom V/A zur Versammlung

Ich konnte keine logische Erklärung für dieses Argument während meiner Recherchen finden. Vom Grundverständnis her… Das Pferd soll auf leichten Druck mit dem Kopf nachgeben. Es soll sich entspannt zunächst V/A senken und dann später in eine kontrollierte Aufrichtung übergehen, die eine konstante und leichte Anlehnung ermöglicht. Dabei muss es etwas im Nacken nachgeben. Dieses Prozedere bereitet man möglichst schon vom Boden aus vor und ruft es dann zu gegebener Zeit im Sattel ab. Doch warum sollte das nur durch Druck auf den Kiefer möglich sein? Ich kann meinem Pferd genauso gut beibringen auf leichten Druck auf der Nase zu reagieren.
Gehen wir noch ein Stück tiefer in die Materie. Wozu erarbeiten wir die Anlehnung? Die konstante Verbindung zum Pferd schafft eine erste Basis der feinen Kommunikation. Wir erarbeiten uns aus der Anlehnung die korrekte Stellung des Kopfes und schließlich die Biegung des Körpers auf der Kreisbahn. Dadurch wird unser Pferd ausbalanciert und trittsicher. Durch das V/A Reiten erarbeiten wir uns eine entspannte Kopfhaltung und dehnen bereits den langen Rückmuskel. Dadurch wird die notwendige Stabilität und Muskulatur aufgebaut, die das Pferd brauch, um den Reiter zu tragen. Im Anschluss versuchen wir die bereits stark belastete Vorhand zu entlasten, in dem wir die Hinterhand aktivieren und animieren mehr Last aufzunehmen. Als letztes möchten wir gern, dass das Pferd lernt sich selbst zu tragen. Wir erarbeiten uns eine Versammlung, in dem der Kopf nun in einer leichten Aufrichtung getragen wird. Der Rücken wird dabei aufgewölbt und ist nur so stark genug, um den Reiter langfristig und gesunderhaltend zu tragen. Ohne Anlehnung wird dem Reiter die Versammlung nie gelingen. Vom Boden aus kann man bereits alle einzelnen Schritte wunderbar vorbereiten: eine schwungvolle Hinterhand, einen aufgewölbten Rücken und eine dazu passende Stellung des Kopfes – in ehrlicher und selbsttragender – und für das Pferd angenehmer dezenter Aufrichtung  (vgl. Richter, 2013, – Manuelle Therapie der Pferdewirbelsäule, S.52). Im Anschluss lässt sich das erlernte prima in den Sattel transferieren. Das Pferd merkt schnell, dass die vorgeschlagene Haltung viel angenehmer ist, um den Reiter zu tragen.

3. Vorurteil – meist legt sich das Pferd nur auf den Zügel anstatt einer wirklichen Anlehnung (vgl. Sladky, 2010)

Dieses Phänomen ist durchaus berechtigt, allerdings nicht nur in der gebisslosen Reiterei. Auch die Gebissreiter  kennen dieses Problem. Im Allgemeinen wird das Verhalten durch stetiges Vorwärtstreiben korrigiert. Zudem werden die Zügel nachgeben, damit sich das Pferd V/A strecken kann. Man spürt in der Regel den Unterschied zwischen Anlehnung und Ablegen sehr deutlich. Legt sich das Pferd auf den Zügel, dann entsteht ein starker Zug. Zudem spricht es nur schwer oder gar nicht auf Hilfen an. Anlehnung hingegen ist immer fein – man hat nicht “viel in der Hand” sondern lediglich einen dünnen Kontakt zum Pferdekopf. Feine Hilfen kommen durch – das Pferd ist im Allgemeinen Durchlässig. Kann man diesen Unterschied fühlen, so ist es ein leichtes daran zu arbeiten. Egal ob mit oder ohne Gebiss. Die Profis der gebisslosen Reiterei haben eine Fülle von Tipps parat, die bei der echten Anlehnung und der späteren Versammlung helfen. Dabei kann ich folgende Bücher empfehlen:

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Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung von Karin Hufschmid – vielen Dank für die vielen wertvollen Hinweise und Ansätze.

Immer nur Fressen? Zwischen Motivation und Konsequenz beim Pferdetraining im Gelände

Wer kennt das Problem nicht… gerade im Frühjahr wenn die Zeit des Anweidens beginnt und überall das saftig grüne Gras empor sprießt, gerade dann verlockt die leckere Versuchung. An einen entspannten Spaziergang oder gar richtige Arbeit im Gelände ist kaum noch zu denken – ist man doch vielmehr damit beschäftigt den Kopf immer wieder nach oben zu verfrachten. Oder hat man längst resigniert und lässt sich einfach teilnahmslos von Grasbüschel zu Grasbüschel schleifen…? Vielleicht habe ich den ein oder anderen Nerv getroffen, oder aber ihr kennt das Problem gar nicht oder habt bereits eure eigene Strategie damit umzugehen. Was ich euch in diesem Artikel gerne beschreiben möchte, ist eine Strategie das saftige Grün in eure Arbeit mit einzubauen – ja es gar als Motivationshilfe zu nutzen.  Ich selbst bin ein Verfechter des Futterlobs, denn nichts ist entspannender für ein Pferd als zu kauen – und da kommt uns das Gras zu gute. Allerdings sage ich gleich vorab, dass sich dieser Ansatz nicht für Pferde eignet, die aus welchem Grund auch immer auf Diät sind und kein Gras fressen dürfen. Was könnt ihr damit erreichen?

  • Entspannte Spaziergänge über eine Wiese, ohne lästige Fressversuche
  • Konzentrierte Arbeit im Gelände – ohne Fressversuche
  • Ausreiten – ohne dass der Kopf ständig und unvermittelt nach unten schellt
  • Ein motiviertes Pferd, dass die Arbeit im Gelände mit euch gemeinsam genießt
  • Anweiden in das Training gekonnt mit einbauen.

Kurz noch einmal vorab – übt bitte auf einer Wiese, auf welcher ihr die Erlaubnis dafür habt. Je höher und verlockender das Gras, desto besser für das Training – jedoch ärgerlich für den Bauern, falls er damit Heu machen möchte. Deswegen bitte vorab fragen 🙂

Was brauche ich dafür alles? Zunächst starte ich selbst mit einem gut sitzenden Knotenhalfter und einem etwa 3 m langen Strick. Zusätzlich verwende ich zunächst eine kurze Gerte, die schön leicht ist für unterwegs und mir als verlängerter Arm und Touchierhilfe dienen soll.

Das Vorgehen gliedert sich in 3 Phasen:

  • Einführung von 2 Kommandos: Wiese erlaubt das Fressen – Stimmkommando und Geste nach unten. Weiter beendet das Fressen kontrolliert und unmittelbar. Hierbei könnt ihr euch die konkreten Wörter natürlich selbst aussuchen. Wichtig ist wie bei jeder Lektion, dass ihr bei einem Kommando inkl. der dazugehörigen Körpergeste bleibt. Auch ist es von Beginn an wichtig, dass unmittelbar auf das Kommando eine Reaktion des Pferdes erfolgt. Gerade das Kommando Wiese ist dabei meist sehr schnell etabliert und wird gerne vom Pferd angenommen. Das Kommando Weiter ist da schon etwas schwieriger. Gleich vorab  – Tauziehen mit dem Pferdekopf ist hierbei der falsche Weg, um das Fressen zu beenden. Hierbei schaue ich mir sehr gerne an, wie innerhalb der Herde ranghöhere Pferde andere vom Fressen abhalten. Dies gescheit über zwei Wege – a) Körpersprache –gezieltes und dominantes Entgegentreten b) das Zwicken vor allem im hinteren Bereich des Körpers. Das machen wir uns zu Nutze und kopieren dieses Zwicken in Form von gezieltem touchieren mit der Gerte im hinteren Bereich und straffen loslaufen, idealerweise bringt man das Pferd beim Loslaufen etwas aus dem Gleichgewicht, indem man die Laufrichtung etwas ändert – das hilft vor allem am Anfang. Hier gilt der Grundsatz am Anfang ruhig so energisch wie möglich und je schneller und besser das Pferd reagiert, desto feiner wird die Hilfe. Irgendwann reicht das Kommando Weiter vollkommen aus und das Pferd läuft direkt los. Zum Üben der Grundkommandos reicht es zunächst über eine Wiese zu laufen und im Wechsel das kontrollierte Fressen mit dem Abbruch zu üben. Während der Laufphase ist es wichtig, dass man unerwünschtes Fressen konsequent und unmittelbar unterbindet. Auch dafür kann die Gerte genutzt werden, ein kurzer und effizienter Einsatz der Gerte ist viel verständlicher und natürlicher für das Pferd, als ein Tauziehen am Pferdekopf.
  • Das Einbinden von anderen Übungen in das Training: Hierbei sind eurer Kreativität keine Grenzen gesetzt. Alle Übungen, die ihr in der Bodenarbeit kennt und könnt, können nun im Gelände trainiert werden. Dabei wird zunächst immer erst eine Übung durchführt und bei korrekter Umsetzung durch eine kurze Fresspause (2-3 sek.) belohnt. Am besten fängt man hier mit leichten Übungen an, damit das Pferd bereits zu Beginn viele positive Erlebnisse hat. Wichtig ist, dass kontrolliert das Fressen eingeleitet und konsequent beendet wird. Beim Beenden kann man ruhig ein paar Laufschritte einbauen, bevor man zur nächsten Übung wechselt. In diesem Schritt merkt man schnell, wie das Pferd, durch die gezielte Befriedigung des Bedürfnisses das leckere grüne Gras zu fressen, zunehmend motivierter wird.
  • Im dritten Schritt verlängert man die Abstände zwischen den Übungen indem man ganz entspannt spaziert. Zwischendurch ruft man eine Übung ab und belohnt kurz und weiter geht’s. Durch unterschiedlich lange Abstände zwischen Belohnung und Abrufen einer Aufgabe erhält man das Aufmerksamkeitslevel, ohne dass das Pferd jedoch permanent versucht sich anzubieten. Es merkt schnell, dass es keinen Einfluss darauf hat, wann eine Übung gefordert wird und wartet geduldig ab, bis es soweit ist.

Dieses Grundprinzip kann man nun auch auf andere Bereiche Anwenden, wie beispielsweise beim Longieren, beim Reiten oder bei der Lösung von speziellen Problemen. Der einzige Nachteil ist, im Winter muss man dann wieder auf die herkömmlichen Leckerlies zurückgreifen 😀

Ich persönlich finde an diesem Ansatz gut, dass eine eigentlich als negativ verrufene Unart – das Fressen – zum positiven umfunktioniert wird. Somit gibt man dem Pferd trotz Training erneut ein Stück natürliches Verhalten zurück – denn es darf tun, was es ohne uns auf der Wiese auch tun würde – nur eben erst dann, wenn wir es als Leittier bestimmen. Ich freue mich auf eure Meinung zu dem Thema 🙂

Umdenken im Pferdetraining – Strategie zur Lösung eines Problems

Z. ist ein Pferd, dass sehr intelligent ist. Er lernt sehr schnell. Er will gefallen. Er setzt das Gelernte häufig schon fast etwas hektisch um.

Wenn er etwas nicht möchte, so wird er schnell itzig (sächsisch für bockig 🙂 ). Das ist der absolut richtige Begriff für seine Reaktion. Er ist kein bösartiges Pferd – so etwas gibt es meiner Meinung nach nicht. Pferde, die unerwünschtes Verhalten zeigen, sind meiner Meinung nach entweder überfordert, unterfordert, verängstigt oder itzig. Itzig ist in dem Fall keine vorüberlegte Reaktion, sondern ein natürliches Abwehrverhalten des Pferdes gegenüber Handlungen, die es nicht möchte. Die Gründe für das “nicht möchten” können natürlich variieren. So kann Angst oder Überforderung ein Grund für itziges Verhalten sein. In Z. Fall kommt hinzu, dass er sehr jung und unerfahren ist. Er ist in einer Phase seiner Ausbildung, in der er lernt, wo sein Platz in der Welt ist. Das wirkt sich auf der Koppel aus – in Rangfolge-Konflikten, aber auch bei der Ausbildung aus. Er ist stets gutmütig und lernt gern, aber gelegentlich stellt er die Aufgabe auch in Frage. Das zeigt sich bereits sehr früh durch kleine Abwehrreaktionen, die nicht weiter dramatisch sind. So reagiert er beispielsweise auf leichten Zug am rechten Zügel mit einem Gegenzug in die andere Richtung. Das lässt sich sehr leicht durch touchieren der linken Schulter mit der Gerte lösen. Den Zug zu verstärken bringt absolut nichts, denn schlussendlich ist er der Stärkere.

Nun kommen wir aber zu dem Punkt, wo es wirklich kniffelig wird: Ich spreche von der Situation, in der er eine Lektion partout nicht ausführen möchte. Das muss nichts Schweres oder Neues sein. Ganz im Gegenteil, neue Lektionen sind für ihn immer spannend und interessant. Es handelt sich eher um Situationen, die so schon immer funktioniert haben, jedoch in diesem Moment einfach nicht gewollt sind. Natürlich handelt es sich hierbei um eine Art des Austestens. Er schmiedet keine Pläne, er will mich auch nicht ärgern. An solche menschlichen Eigenschaften glaube ich nicht. Nein es ist vielmehr ein kleines Rangspiel, dass er auch auf der Koppel regelmäßig auslebt. Will er beispielsweise aus der Heuraufe neben der Chefin fressen, so tastet er sich Stück für Stück heran und wartet auf ihre Reaktion. Und genau so ist es beim Reiten. Stück für Stück wird er nachlässiger und wartet auf meine Reaktion. Ich bin kein Freund vom gewaltvollen Durchsetzen. Natürlich wäre das das ein Weg gleich zu Beginn mit voller Härte auf ihn einzuwirken. Aber das möchte ich nicht. Das ist nicht die Art von Beziehung oder Ausbildung, die ich umsetzen möchte.

Eine Regeln aus dem NHS besagt, dass wenn das Pferd unerwünschtes Verhalten zeigt, so soll man dieses Verhalten solange herauskitzeln, bis es sich zum positiven Wendet (das kann bereits die kleinste positive Reaktion sein) und dann hört man sofort auf und gibt dem Pferd einen Moment Ruhe zur Belohnung.

Diesen Grundlegenden Ansatz möchte ich auf meine eigene Art umsetzen. Der Plan ist nun Folgender: Wenn Z. sich einer Lektion entzieht, so muss ich rechtzeitig und gleich zu Beginn daran arbeiten, dass er diese Lektion und wenn es nur ein Bruchteil davon ist – ausführt. Zunächst möchte ich jedoch folgendes tun. Ich gehe zunächst einen Schritt zurück und übe etwas, was er ganz sicher beherrscht und auch gerne umsetzt. Dann kehre ich zu meiner gewünschten Lektion zurück und führe diese jedoch nur zur Hälfte aus. Wenn er das gut macht, so gönne ich ihm eine Pause und mache im Anschluss wieder leichte Übungen. Dann kehre ich erneut zur schwierigen Lektion zurück und führe diese zu dreiviertel aus. usw. Solange bis wir 100% schaffen. Zeigt er Abwehrverhalten, so kitzel ich jeweils 1% mehr heraus, als er bereit ist zu geben und breche dann ab. Das Schwierige dabei ist, jeweils die richtigen Momente abzupassen, in denen ich aufhöre. Ich muss auf die kleinsten Signale achten, die er mir gibt. Zum Glück kenne ich ihn inzwischen so gut, dass ich genau spüre, wann er spannig wird und wann er entspannt.

Nochmal kurz die Erläuterung an einem Beispiel: Neulich wollte er bei der Trabarbeit auf der rechten Hand über die innere rechte Schulter abwenden. Ihm fällt es sehr schwer auf der rechten Hand zu traben, da er Linkshänder ist. Trotzdem müssen wir auch die rechte Hand üben, ich blieb also dran. Ich löste das Problem durch starken Schenkelkontakt innen und touchierte gleichzeitig die innere Schulter mit der Gerte, in dem Moment, als er anfing sich zu stark nach innen zu Biegen. Allerdings führte das nur dazu, dass er gegen hielt und immer schneller wurde. Bis er schließlich ein bisher komplett neues Verhalten zeigte. Er beginn zu bocken und zwar so stark, dass ich Mühe hatte, mich im Sattel zu halten. Diese Reaktion zwang mich zum Umdenken. Deshalb nun der Plan nach meiner neuen Strategie. Trabarbeit auf der rechten Hand jeweils nur für ein paar Trabsprünge. Schrittweise erhöhen. Bei Abwehr noch einen Schritt mehr fordern und dann aufhören und eine andere Übung machen. Setzt er die gewünschte Schrittzahl gut um, dann gibt es eine Ruhepause und wir wechseln wieder zu einer anderen Übung. Insgesamt sollte ich mir vorher genau überlegen, wie wieder Trabsprünge ich maximal in dieser Übungseinheit fordere. Damit wir ein gerechtes Ende finden und nicht unendlich weiter erhöhen. Zusätzlich üben wir natürlich auch vom Boden, damit er sein Problem auf der rechten Hand muskulär überwinden kann.

Über den guten Sitz des Reiters

“Hacken runter, gerade sitzen!”

Warum ist ein gut sitzender Reiter wichtig für das Pferd?
Wie komme ich als Reiter zu einem Sitz, der mein Pferd lange gesund erhält?

Das sind zwei Fragen, die sich sicher jeder Reiter und auch Reitlehrer stellt.
Wenn wir in diversen Fachbüchern nachschlagen, finden wir nur Ausführungen über den optimalen Sitz des Reiters. Es werden auf gezeichneten Bildern Linien gezogen, so z.B. die Linie zwischen Schulter-Hüfte-Absatz. Viele Reitlehrer orientieren sich daran und fordern ihre Reitschüler dazu auf, diese Linie einzunehmen. Was dabei nicht beachtet wird, ist, dass hier nur auf die formalen Aspekte eingegangen wird. Ein funktionales Reiten wird so kaum möglich sein. Denn beim Sitz des Reiters steht immer die Funktion vor der Form.

Was kann ich nun aber als Reiter tun, wenn ich Probleme habe, mein Pferd nicht aussitzen zu können oder wenn ich ständige Probleme mit der Anlehnung habe. Zuerst muss beleuchtet werden, in welchem körperlichen Zustand sich der Reiter befindet. Ein Großteil der Reiter betreibt wenig oder gar keinen Ausgleichssport zum Reiten. Genau hier aber liegen die Probleme. Ein Reiter, der eine sitzende Tätigkeit hat, womöglich den ganzen Tag mehr oder wenig krumm vor einem Computer sitzt, wird am Ende seines Arbeitstages kaum die Möglichkeit haben, in der Reitstunde gerade und aufgerichtet zu reiten. Der Reitlehrer von unten sieht natürlich den Rundrücken und weist an, dass der Reiter sich gerade hinsetzen soll. Vielleicht schafft der Reiter es auch zwei Runden, danach wird er wieder in seine gewohnte Sitzhaltung
fallen, Der Reiter ist in der Rückenregion blockiert. Diese Blockade wird sich auch auf andere Körperbereiche auswirken, da ein harmonisches Mitschwingen nicht möglich ist. Kann ich nun als Reiter nicht mehr mitschwingen, mein Becken nicht mehr dreidimensional einsetzen, wird auch mein Pferd über kurz oder lang Schwierigkeiten im Becken bekommen, bzw. es verliert seinen natürlichen Vorwärtsdrang, der Rücken des Pferdes kommt nicht zum Schwingen. Reiter, die dauerhaft und über Jahre gegen die Bewegung sitzen, schaden damit ihrem Pferd. Nur ein losgelassener, durchlässiger Reiter ermöglicht ein zufriedenes Pferd.

Da wir alle ein harmonisches Miteinander mit den Pferden wollen, die Pferde gesund bleiben sollen, müssen sich Reiter und Pferd in einem gemeinsamen Gleichgewicht befinden. Für den Reiter heißt das, dass er sein Gleichgewicht schulen muss. Das ist zum einen das vestibuläre System, welches sich im Innenohr befindet und zum anderen das kinästhetische System, bei dem eine Vielzahl von Rezeptoren an Muskeln, Sehen und Gelenken dafür sorgen, aus einem Ungleichgewicht in ein Gleichgewicht zu kommen. Beide Systeme lassen sich nur durch viel Bewegungserfahrung im Alltag oder zusätzlichen Sport schulen. Für den Reiter bedeutet das, dass er neben seinem Pferd auch sich selbst mehr bewegen muss, um zufrieden und harmonisch mit seinem Pferd trainieren zu können. Besonders empfehlenswert für Reiter sind Yoga und Feldenkrais. Aber auch unterschiedliches Laufen wirkt sich positiv auf den Sitz aus. Alles was monoton ist, sollte vermieden werden.

Quelle: Eckart Meyners Bericht in “Stallgeflüster” April 2014

© Tanja Schulze

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