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Interview mit Pferdefachbuchautorin Karin Tillisch

Karin Tillisch arbeitet seit 20 Jahren als Fachjournalistin, Buchautorin und Fotografin der Pferdewelt. Neben bereits 10 veröffentlichten Pferdefachbüchern gibt Sie auch weltweit Kurse zum Thema Bodenarbeit, Freiheitsdressur, Longenarbeit sowie über einem vertrauensvollen Umgang mit dem Partner Pferd. Ein besonderes Highlight in ihrem Kursprogramm stellt der Indische Pferdetanz dar.


Linda: Liebe Karin, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst um mir und den Lesern ein paar Fragen zu beantworten. Wer war denn dein wichtigster Ausbilder oder Mentor und was von dem, dass du bei ihm gelernt hast ist dir bis heute in stetiger Erinnerung?

Karin Tillisch: Mein größter Mentor war und bleibt mein Opa, Josef Tillisch. Leider war ich noch sehr jung als er starb, doch ein Satz von ihm im Umgang mit Tieren , der prägt mein Tun und denken bis heute:

„Wenn Du Gewalt brauchst, dann machst Du es falsch“

Mein Opa war selbst ein großer Pferdefreund und war mit Pferden aufgewachsen und hatte in der Landwirtschaft auch täglich mit ihnen gearbeitet. Leider  wurden ihm in den Wirren des Zweiten Weltkrieges sein Hab und Gut entrissen, darunter auch seine kostbaren Pferde. Und später, als „normaler“ Arbeiter in einer Fabrik war wieder ein eigenes Pferd für ihn einfach ein unerreichbarer Traum. Dennoch kratzte er immer wenn ein Zirkus in der Stadt war seine Groschen zusammen und tuckerte mit seinem Motorrad hin. Die Vorführungen sah er sich selten an, er  ging einfach nur in die Tierschau um seinem großen Traum wenigstens ein paar Stunden etwas näher zu sein : ein weißer Araberhengst.
Als ich dann irgendwann groß genug war, da mietete er mehrmals die Woche Nachbars Shetlandponys für einen halben Tag und ging mit mir auf dem Pony auf der einen Seite und unserer Deutsch Kurzhaar Hündin Flora auf der anderen Seite stundenlang spazieren.  So kam ich denn auch aufs Pferd 🙂 .
Seinen Traum nach einem weißen Araber hat mein Opa mir übrigens nie erzählt – ich erfuhr es fast 20 Jahre nach seinem Tod von seinem jüngeren Bruder, der sich an diesen großen Wunsch erinnerte als ich ihm die ersten Bilder von Shadow zeigte. Da mag man nun an Schicksal und Karma glauben oder nicht… Onkel Adam war felsenfest davon überzeugt dass es Schicksal war das ich nun Opas Traum lebte : mit einem weißen Araber (na gut, Wallach, aber einer der meinte er wäre ein Hengst 🙂 ) durch die Lande zog und die Menschen mit unseren Kunststücken begeisterte.

In meiner Zeit als Pferdejournalistin traf ich die letzten 20 Jahre viele tolle Menschen und hervorragende Pferdetrainer. Doch am meisten beeinflusst in meiner Bodenarbeit mit den Pferden hat mich HEINZ WELZ.

Mit ihm führte ich vor  etwa 15 Jahren ein Interview für das Magazin Pferde Heute und durfte danach auch bei seinem Kurs als Zuschauer beiwohnen. Ich war fasziniert von seiner Arbeit mit den Pferden, aber auch wie er den Menschen erklärte was er tat. Seine Herangehensweise an die Round Pen Arbeit war eine völlig andere als die von Monty Roberts und als ich seine Methode an meinem Shadow ausprobierte reagierte er  auch wesentlich entspannter darauf als auch die Roberts Methode des Join Up. Im Lauf der Jahre  durfte ich noch an einigen Kursen von Heinz mit dabei sein und wir arbeiteten sogar an einigen Serien fürs Pferde Heute zusammen. Seine freundliche und direkte Art mit Pferd und Mensch hat mich nachhaltig beeindruckt und wir haben heute noch Kontakt.

Linda: Du gibst ja inzwischen selbst weltweit Kurse zu verschiedenen Themen, welches Gebiet macht dir persönlich am meisten Freude und warum?

Karin Tillisch: Das kann ich nicht genau sagen, da es auch immer auf die Teilnehmer und ganz besonders auf ihre Pferde ankommt. Und ehrlich gesagt würde ich Sachen, die mir selbst keine Freude bereiten, gar nicht erst ins Programm nehmen. Du kannst nur andere für etwas entflammen wenn du selber dafür brennst 🙂

Linda: Hast bei all den Kursen, die du gibst, gelegentlich mal Zeit für einen entspannten Ausritt?

Karin Tillisch: Sicherlich, ich toure ja nicht jedes Wochenende durch die Weltgeschichte. Ich habe 5 Burnouts hinter mir, ich habe dazu gelernt! Daher habe ich auch immer wieder „freie“ Wochenenden bewusst eingebaut in denen ich mit meiner Familie (und dazu gehören natürlich meine Pferde!) etwas unternehmen kann:
Ich gehe auch gerne im Sommer immer mal für eine Woche mit Shadow alleine in den Schwarzwald zu meinen Eltern und wir machen täglich entspannte Ausritte.

Linda: Welche Ziele hast du für die Zukunft?

Karin Tillisch: Ich will noch mehr von der Welt sehen und auch Pferdeleute aus ganz anderen Kulturen kennenlernen und mich mit ihnen austauschen. Mann kann nie genug sehen, erleben und wissen. Sehr gerne würde ich auch aus diesem Grund noch mehr Kurse im europäischen Ausland anbieten.

Momentan beschäftigen mein Mann und ich uns privat mit den  antiken Kampfkünsten zu Pferde, an dieses Thema kamen wir durch eine gemeinsame Freundin. Vielleicht wird sich dieses Hobby irgendwann in ein paar Jahren auch mal in einem entsprechenden Kursangebot bei mir niederschlagen, wir werden sehen.

Mit dem Pferdetanz war es ja genauso, diese Idee brachte mir meine werte Freundin Christiane Slawik von ihrer Fototour aus Indien mit. Was einige Jahre dann erst mal Shadows und mein privates Hobby war hat sich nun auch in mein Kurssystem integriert. Daher will ich nicht ausschließen dass das Thema  Horseback Archery und berittene Kampfkunst auch irgendwann den Sprung vom Hobby zum Beruf bei mir macht.

Und dann möchte ich einfach auch die nächsten 20 Jahre – oder länger 🙂 – weiterhin meine Bücher und Artikel in der Pferdefachpresse schreiben und hoffen dass ich auch weiterhin viele Menschen für meine „Sache“ begeistern kann. In dem neuen Magazin „Natural Horse“ von Hans Schmidtke – meinem Mentor in Sachen Pferdefachbücher –  habe ich hier einen tollen Partner der genau das Publikum anspricht das ich erreichen will. Ich bin gespannt was uns da die kommenden Jahre so alles bringen werden !

Linda: In deinem Buch „Reiten ohne Sattel und Zaumzeug“ (zur Rezension) zeigst du eine völlig zwanglose und schmerzfreie Reitweise. Wie lang hast du mit Shadow gearbeitet, bevor du ihn so reiten konntest?

Karin Tillisch: Das ging eigentlich recht schnell, da Shadow ja extrem clever ist. Ich schätze mal, die Basics saßen nach einem Jahr und dann dauerte es grob noch ein weiteres bis ich ihn auch am Halsring komplett durch einen Trailparcours reiten konnte. Piaffe und Co am Halsring kamen dann erst einige Jahre später dazu.

Linda: Kann prinzipiell jedes Pferd / Mensch Gespann ein solches harmonisches Miteinander lernen?

Karin Tillisch: Da würd ich mal gegenfragen : warum nicht?
Ich hab es jedenfalls bisher noch nicht erlebt dass es nicht gehen könnte. Natürlich ist jedes Pferd Mensch paar anders und hat eine andere Lebensgeschichte.

Karin Tillisch 2

Karin Tillisch beim Pferdetanz mit Shadow

Linda: Auf deiner Homepage schreibst du über den Indischen Pferdetanz und du gibst auch Kurse dazu. Wie bist du darauf gekommen und welchen Nutzen bringt diese Art des Trainings für mein Pferd?

Karin Tillisch: Wie schon erwähnt war das ein „Urlaubsmitbringsel“ meiner guten Freundin Christiane Slawik, der weltbekannten Pferdefotografin. Sie schickte mir schon als sie noch in Indien war Bilder per E Mail mit dem Vermerk : DAS MUSST DU MIT SHADOW MACHEN!
Und da ich Christiane und ihre Expetrise rund ums Pferd in den vielen Jahren, in denen wir für meine zahlreichen Cadmos Buchprojekte zusammengearbeitet hatten , sehr zu schätzen wusste…  probierte ich es mit Shadow aus. Und Shadow war vom tanzen vollauf begeistert!
Da es eigentlich keine Schriften zum Thema Horsedance gibt und dieses Wissen sowohl in den arabischen Ländern als auch Indien nur mündlich innerhalb der Familien weitergegeben wird, war es schon ein langer und zäher Weg hier ein paar Basics zu formen…. Und dann auch noch Basics die dem europäischen Kulturkreis, unserer Denkweise und unseren Pferden angepasst waren.
Mit einigen meiner  fortgeschrittenen Schülern, Trainingspferden und befreundeten Trainern testete ich meine Theorien und Ansätze zum Horsedance zunächst eine ganze Zeit lang ehe ich es dann ins Kursprogramm aufnahm. Die Resonanz seither ist überwältigend!

Linda: Eine letzte Frage noch, arbeitest du derzeit an einem weiteren Buch?

Karin Tillisch: Ja, und es wird dieses Jahr noch im Crystal Verlag erscheinen.   Wer genau wissen will was, der darf mich auf der equitana dieses Jahr am Crytsal Stand selber fragen. Ich bin Donnerstag – Sonntag dort. Mehr wird jetzt noch nicht verraten. Außer dass es wesentlich umfangreicher wird als meine bisherigen Bücher  und ein Thema behandelt das mir selbst sehr am Herzen liegt 🙂

 
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Buchrezension: Reiten ohne Sattel und Zaumzeug von Karin Tillisch

Rezension

Karin Tillisch arbeitet seit mehr als 10 Jahren als Fachjournalistin und Fotografin der Pferdewelt. In Ihrem Buch: “Reiten ohne Sattel und Zaumzeug” beschreibt sie das von Ihr entwickelte PEGASUS-Prinzip, welches auf einer starke Vertrauensbasis zwischen Mensch und Pferd basiert. Sie führt den Leser Schritt für Schritt an das zwanglose Reiten ohne Sattel und Zaumzeug heran und geht dabei vor allem auch auf relevante Sicherheitsaspekte ein.

Im ersten Kapitel erzählt die Autorin von ihren eigenen Erfahrungen mit ihrem Wallach Shadow. Sie erklärt dabei vor allem, wie sie auf der Grundlage einer starken Vertrauensbasis die Probleme mit einem zunächst schwer händelbaren Pferd in den Griff bekam und schließlich zum Reiten ohne Hilfsmittel kommt. In diesem Kapitel geht die Autorin bereits eingehend auf die Sicherheitsaspekte ein. Auf einigen Bildern ist sie mit Ihrem Pferd im Gelände zu sehen, dabei häufig mit nicht mehr als einen Halsring oder ein Stöckchen. Sie rät davon eingehend ab, dies leichtsinnig auszuprobieren und empfiehlt das Üben in einer gesicherten Umgebung. Anschließend geht sie auf die verschiedenen Ausrüstungsgegenstände ein, welche in der Umstellung verwendet werden können. Karin Tillisch empfiehlt eine sanfte Umstellung von Trense, auf Sidepull, Halsring und später ganz ohne. Sie erläutert jeden Zaum sehr ausführlich und geht auch auf Qualitätsmerkmale und den richtigen Sitz ein. Sie gibt dabei auch kostengünstige Alternativen an, wie die Verwendung eines Knotenhalfters mit Ringen oder selbst-gefertigte Halsringe aus Yachtschot.

Das zweite Kapitel erklärt ausführlich die anfänglichen Voraussetzungen und erste Schritte der Umstellung auf das gebisslose Reiten.  Hierbei wird vor allem das Neckreining, also die einhändige Zügelführung bekannt aus der Westernreitweise, sehr anschaulich erklärt. Sei empfiehlt bei der Umstellung zunächst zwei Zäume, eine Trense mit  Gebiss und ein Knotenhalfter zu verwenden und mit zwei Zügeln zu reiten. Der Vorteil besteht vor allem in der Sicherheit und in der schonenden Gewöhnung an die neue Hilfegebung. Es werden nun viele Übungen erklärt, die sich nun immer mehr von der Einwirkung via Trense entfernen. Dabei werden die einzelnen Schritte stehts anschaulich und mit kreativen Übungen vermittelt.

Das nächste Kapitel geht vor allem auf das Reiten ohne Sattel ein. Dabei wird nach dem gleichen Prinzip Schritt für Schritt vorgegangen. Die Autorin empfiehlt dabei zunächst mit einem Pad und erstmal wieder mit der Trense zu Reiten. Danach entfernt man wieder Übung für Übung die Einwirkung. Am Ende des Kapitels reitet man ohne jegliche Hilfsmittel.

Karin Tillisch verdeutlicht in diesem Buch, dass es auch anders geht. Sie zeigt auf Ihren Bildern Lektionen der hohen Schule, ohne jegliche Zäumung. Sie beschreibt jede Übung Schritt für Schritt und beachtet dabei stehts relevante Sicherheitsaspekte. So empfiehlt sie auch ausdrücklich die Arbeit mit einer zweiten Person. Sie zeigt auch, dass eine Grundharmonie zwischen Pferd und Reiter die Basis für jede Arbeit darstellt und dass sich durch ein starkes Vertrauensverhältnis alles erreichen lässt, gewaltfrei.

Von mir gibt es ganz klar eine Kaufempfehlung. Das Buch eignet sich hervorragend für den Umstieg auf das gebisslose Reiten, sowie zur Inspiration der gewaltfreien Arbeit auf dem Reitplatz.

Originaltitel:Reiten ohne Satten und Zaumzeug – Über Trauen und Vertrauen
Verlag: CADMOS Verlag GmbH
Ort: Brunsbek
Jahr:2006
ISBN: 3 – 86127 – 550 – 3
Autor:Karin Tillisch